Heute morgen habe ich eine Weile überlegt ob ich nun in dem auf dem Boot herrschenden Chaos einen Tee machen will oder nicht. Alternative: warten und dann Tee trinken bei Okan & Mustafa. Ich habe mich für die Alternative entschieden.


Als Okan da war, gab es dann den Tee und wir haben besprochen was nun noch alles zu tun ist. An Pfingsten wollen wir ja mit dem Boot wieder raus, also müssen noch ein paar Sachen erledigt werden. Dazu zählte dann auch der Verkauf des Motorrollers. Okan hat es mit Fassung aufgenommen, als ich ihm nun eröffnet habe, dass wir nach Griechenland verschwinden. Wir werden uns aber sicher mal in Izmir treffen. Dort wohnt ja seine Mutter noch und deswegen ist er dort ab und an. Einen Steinwurf von Samos entfernt. Weil er heute nicht so viel zu tun hätte, würden wir dann den Scooter heute gleich umschreiben lassen auf seinen Namen. Soviel zum Plan.

Auf der Fahrt zum Notar haben wir uns über die Gründe meines Wechsels nach Griechenland unterhalten. Im Wesentlichen sind es wohl die Russen, denen das geschuldet ist. Sie fluten die Türkei (speziell Marmaris) und treiben die Preise in die Höhe. Okan meinte, dass es leider auch so sei, dass wohl im grossen Stil Geldwäsche betrieben wird. Zwischenzeitlich gibt es auch Wartelisten für die Marinas in Marmaris und deswegen meinen die Marinabetreiber wohl, dass sie die Preise ständig erhöhen können. Gut – in dem Fall können Sie das ja auch ohne Verlust. Eher ein Gewinn – finanzieller Art. Aber eines ist wohl auch klar – so wird das mit dem Beitritt in die EU wohl länger nichts werden.
Wir sind also zum 1. Noter (Notar) um die Fahrzeugumschreibung zu machen. Dort meinten die, dass es aber trotzdem einen Übersetzer brauche. Der kommt um 13:00.
Also was tun in der Zwischenzeit? Wir sind dann zu SouthWest, die machen Segel, Rigg, Polster und Persenninge. Dort habe ich dann zwei neue Festmacher gekauft und wir haben beim Tee die Zeit totgeschlagen indem wir uns mit den Leuten dort unterhalten haben. Jetzt zieht das Geschäft an, denn nach Ramadan wollen alle mit Ihrem Boot raus. Zudem konnte ich schon mal das neue Lazybag (wo das Segel reinfällt, wenn man es runterlässt) anschauen. Sieht gut aus. Das alte war doch schon ziemlich wie ein gerupftes Huhn…


Nach viel Tee (den nur ich getrunken habe – Ramadan für Okan) sind wir wieder zum Notar. Dort hat sich dann herausgestellt, dass für das Moppet noch Steuern zu entrichten seien. Das könne man auf einer Bank machen. Also sind wir zur Post gelaufen und haben dort eingezahlt.
Wieder zurück beim Notar kam dann auch die Übersetzerin wieder und wir wollten das abschliessen. Aber: Die verbuchten Steuern waren nicht im System bei denen sichtbar. Ich wurde dann gefragt, ob denn vielleicht noch eine Verkehrsbusse offen wäre? Nein – nicht dass ich wüsste. Weitere Nachforschungen haben ergeben, dass es beim Steueramt klemmt. Also ist Okan da hingefahren, während ich mit der Übersetzerin in einem Café gewartet habe.
Neben dem, dass sie neuerdings einen Hund hat – mit dem sie in der Pause draussen war – hatte Sie mir einige Geschichten aus Ihrer Übersetzertätigkeit erzählt. Sie würde auch für Gerichte und die Polizei arbeiten. Und die meisten Fälle hätte sie mit Engländern, die hier (zumeist im Suff) irgendeinen Blödsinn anstellen. Vom dämlichen Einbruch in Hotelzimmerzimmern unter der Aufsicht von Überwachungskameras (jaja… ) über andere Diebstähle in Läden bis hin zu Schlägereien oder Sachbeschädigungen würden Sie Ihr viel Arbeit bescheren. Es gäbe zwar auch viele Deutsche, aber da ginge es in den seltenen Fällen höchstens mal um Verkehrsunfälle. Es sei auch kein Wunder mit denen von der Insel – das seien die unteren (oder untersten) Schichten. Arbeitslos, Kriminelle oder sonstwie einfach nicht wirklich die hellste Kerze auf der Torte.
Als ich meinte, sie solle doch Ihre Memoiren schreiben kam diese Geschichte:
Ein Ire, der hier im Urlaub war liess sich bei einem Juwelier (grosse) Edelsteine zeigen. Durch ein inszeniertes Ungeschick landeten alle Steine auf dem Boden. Zusammen mit dem Juwelier haben sie die Steine aufgesammelt. Alles gut soweit. Nur fehlte ein Stein. Nach langem hin und her und mit Einschalten der Polizei sowie anschauen der Videoüberwachung war dann klar: Er hatte den Stein eingesteckt. Sollte man meinen, er rückt Ihn dann raus. Weit gefehlt. Er hat Ihn verschluckt!
Also musste er unter Bewachung ins Spital und dort haben sie 4 Tage lang alles mögliche gemacht – aber der Stein kam nicht raus. Im Röntgenbild konnte man den zwar sehen, aber das Spital hat sich geweigert, den dann mit einer Sonde rauszuholen. Dann sind sie zu einem Spezialisten und der hat Ihn dann zwangsweise rausgeholt.
Die Geschichte endete für den Übeltäter mit einer 10 jährigen Haftstrafe im türkischen Gefängnis. Die Strafe war so hoch weil es nach türkischem Gesetz ein Unterschied ist ob man vor oder nach Sonennuntergang etwas stiehlt und ob es draussen oder drinnen ist. So hat sich das dann alles addiert und er hat 2 Jahre abgesessen. Dann war er noch im offenen Vollzug als Corona kam. Da haben Sie ihn ausgewiesen und er ist zurück in die Heimat…
Später wollte er wohl wieder in die Türkei, aber auf Anraten seiner Kinder und vieler anderer hat er das doch lieber bleiben lassen. Sonst würde er am Flughafen direkt wieder zum Einsitzen geschickt.
Neben diesen Geschichten sagte sie dann noch, dass es tatsächlich so sei, dass viele ‹Europäer› gerade die Türkei wieder verlassen. Sei es mit dem Boot oder weil sie einfach keine Aufenthaltsbewilligung mehr bekämen. Sie bedauerte das sehr, denn es täte dem Land nicht gut.
Nach der sehr unterhaltsamen Zwangspause war auch Okan wieder zurück von Steueramt. Gute Nachricht – er hatte das regeln können. Es fehlte die im Februar neu eingeführte ‹Erdbebensteuer›. Die kannte nicht mal der Notar. wir haben dann gewitzelt, dass das vermutlcih die Zusatzabgabe für den Palast GröPraZ (Grösster Präsident aller Zeiten) ist. Danach war der Tag so gut wie vorbei, wir haben uns von der Überstzerin verabschiedet und sind dann noch bei Okans Frau vorbeigegangen. Die neuen Schilder dauerten eine Stunde, also haben wir dort gewartet. So habe ich denn auch Okans 83 jährige Mutter kennen gelernt, die dort zu Besuch war. Wieder mal sehr nett – Die Mutter meinte, dass Okan und Ayse uns wirklich sehr mögen.

Nach dem ganzen Umtrieb heute bin ich dann noch in die Stadt und habe da beim Essen eine türkische Wahlkampfveranstaltung miterlebt. Der Lautstärkepegel von Musik und Sprache war – sagen wir mal – bemerkenswert. Als dann einer gesprochen hat, habe ich zugegebenermassen nicht viel verstanden. Ausser dass in jedem Satz mindestens einmal ‹Marmaris› vorkam. Es geht um den Posten des Bürgermeisters. Und vermutlich darum, was er alles Gutes tun würde – wenn man ihn wählt.




Einen wunderschönen guten Abend, lieber Sven.
Heute war ja wieder ein aufregender Tag für Dich. Notar, Steuerbehörde, – die vielen Geschichten der Übersetzerin… Alles ja sehr interessant. . Ich nehme an, sie werden Dich sehr vermissen, aber vielleicht könnt Ihr Euch doch ab und zu mal irgendwo treffen. Ohne Okan wäre vieles nicht so gut gelaufen.
Diese Blume mit dem betörenden Duft kenne ich. Die gibt es in Spanien sehr häufig, z. B. als Heckenbegrenzung unseres Stellplatzes, – – aber leider weiß ich auch nicht, wie sie heißt. Sie duften wunderbar…
Nun wünsche ich Dir eine gute Nacht, und träume was Schönes
Grüßli Maus
Hi Sven, Danke für die Anektoten aus deinem Reisealltag. Immer wieder gerne gelesen 🙂 Gruss Robert